immerblau

immerblau

  • Zeilen
  • Traumfänger
  • Undurchsichtig
  • Schimmer

Hände ohne Zeiger

Eine Illusion

 

Ich kann mich nicht mehr an ihn erinnern, er hat mich einfach runtergerissen. Als müsste er sich Zeugen suchen für eine Person, die anscheinend keinem was schuldig ist, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt. Ein Gespräch hat er ihr nicht eingestanden. Dann hatten alle ab seiner minimalen Entscheidung gesagt, es sei das Beste. Gefährlich wie eine laubbehangene Senke, die einbricht, weil seine unvorsichtige Hand einen Kurzschluss hatte. Eine persönliche Resolution. Kein Gespräch wurde geführt, das sich währenddessen doch anfühlte wie ein Beziehungsgespräch, das manchmal geführt werden musste und die falsche Fährte nahm. Im Alltag finde ich mich je nach Laune in solchen Situationen wieder, ein begleitendes und persönliches Gefühl, das sich anfühlte, als würde es alles nur noch mehr in die Länge gezogen werden. Die Wirkung hinterlässt gegenwärtig kein Bewusstsein, und die Wörter, die durchdringend sein sollten, gewinnen erst danach an Wirkung.

Manchmal fragt man sich, ob Dinge in ihrer Schnelligkeit an sich falsch passieren, wenn sie zu dem Zeitpunkt immer so richtig erscheinen. Sind sie doch nur ein kleines Pergament, das sich jemand zum Schreiben wagt, rauszunehmen? Doch kein Pergament. Denn wenn es so war, dann schaffte es neue Gefühle, aber die eiskalten Kanten der Schrift hinterließen gefühlsmäßig nur einen schweren Stein, der meine Freiheit für eine zu lange Spanne gedanklich und körperlich bedrückte. Dingen wird manchmal ein falscher Tritt gesetzt, der aus einer anderen Perspektive nicht nötig war. Eine Handlung, um Angst zu kaschieren. Und danach waren meine Sprüche, die stark sein sollten, nur noch halbstark, wie die Hand ohne Zeiger. Dann schallen sie weiter zu den Geistern am Friedhof. Ab jetzt sind die Gardinen nur noch durchsichtig. Wenn es falsch läuft, dann gibt es Leute wie Psychologen, die den Zeiger auch dort nicht zurückdrehen wollen. Hinwegsehen. Manche stimmen dem sogar gelassen zu, während ihnen bisher kein Stück ihrer eigenen Sicherheit genommen wurde. Meine Rufe, die so groß sein sollten, finden ihr kleines Ende nur da: auf dem Friedhof. Selbst der Psychologe erstrahlt pompös wegen seinen Wünschen statt mit seinem Ambiente. Noch schlimmer: nach dem Dilemma kann er nicht viel dabei helfen, die neu gebaute Hürde zu überqueren, während alles nicht mal mehr zur Sprache kommt. In meinem Geist zieht sich der Nebel immer weiter fort, während ich noch die Vorstellung habe, dass sie klar sind. Währenddessen bleibt die Erinnerung, in der die kleinen Hände nur wieder einem Zweck dienten, der verfällt. Und der in weiter Ferne so jämmerlich werden wird, wie das neu aufgehängte Kleid, das so schön mit dem Sonnenlicht tanzte. Genauso, wie das Laster sich an mir bald bemerkbar machen würde. Wie eine vergrabene Schublade.

Wenn manches keine Antwort findet und so leise prasselt wie der kleinste Bach im Wald, dann ist sein Laut nicht unwichtig wie die Ruhe. Meine Erinnerungen sind so wertvoll und sind manchen anderen so viel wert wie die Flasche, die sie beim Flaschendrehen drehen müssen. Ein falscher Typ und der falsche Mensch, der zu schnell meine Erinnerung zu einem falschen Mosaik verschiebt. Ich habe die Vorliebe, dass Menschen in manchen Situationen gefühlvoller wären und nicht direkt mit ihrer Härte gehen, sogar wenn sie nicht gefordert wird. Sie fangen an, mit ihr am liebsten zu verfahren und blasen die kleinen Sternstunden hinweg, bis nichts mehr von ihnen übrig bleibt -  wie die Leute, die jeden Abend einen kleinen Wunsch aussprechen und die sich trotzdem mit mehr Bitterkeit verziehen, als sie sollten. Nachdem sich die Hände ihren Platz verschafft hatten, wurde ich unter seiner Handlung nur eine unangenehme Kurve, aber in Wirklichkeit ist diese Realität so hart wie die Vorstellung, deswegen nie in ein weiches Federbett fallen zu können.

Ich habe, ohne die Schuld zu suchen, oft darüber nachgedacht wer der Schuldige ist - während ich sie bei denen fand, die sie unausgesprochen lassen. Sie wird so unbescholten wie das weiß der Wände, die doch noch leichte Schrammen davon tragen. Für einen Augenblick geht alles wie leere Luft durch den Raum, die anders sein sollte. Die kalte Beobachtung der Situation hinterließ in mir keine Bestätigung. Bis hierhin hat nur eine Hand geführt und Entscheidungen werden gefällt, bis man selbst betroffen ist. Im Stich gelassen. Das weiche Laken, das Nerven kostet, hält es noch aus. Wie hält man Sorge auf, wenn sie mir so fremd vorkommt, dachte ich und blickte aus dem Fenster. Dann überkommt mich das übereinstimmende Gefühl, dass ich hier nicht sein sollte. Entscheidungen von einzelnen Leuten werden gemacht, die ihre eigene Sorge kaschieren und andere Menschen gleich mit zur Sorge machten. Die alle noch trotziger werden lässt. Es war nur die Entscheidung einer Person, die mich dazu geführt hatte, mich so hilflos auf dieser Matte liegen zu lassen. Ein großer Verlust für mich und die, dessen Freiheit nicht unabhängig von den räumlichen Grenzen war, die gesetzt wurden.                          

Nicht mal mitleidsvoll blicken sie danach in die Augen. ,,Wie konnte das nur passieren?“ sagte Sophie, ohne weitere Erklärungen abzugeben. Ihr Blick hob sich trotzdem über die kleine Atmosphäre, in der sie sich befand. Eine Hand zu schnell, und mein Körper erhob sich nicht mehr unter der Kraft der Hände, die nicht mehr eine war, sondern dann mehrere wurden. Eine Sternstunde ging verloren und die Beziehung zu dem unscheinbaren Band der Leute reichte nicht mal, dass sie vermuten könnte, jemand hätte in der Stunde wenigstens noch etwas Reue dabei gezeigt. Selbst der aufmunternde Blick ihrer rüberblickenden Freundin Sophie nahm ihr nichts an der Schüchternheit, die Sophie ihr ab diesem Zeitpunkt weniger zugestehen musste. Sie fasste es als schwankende Geste zur Aufmunterung auf. So, als formte sich der bedeckte Himmel im warmen Wetter nur gerne zu einem Schneeball, der trotz allem schwer bekömmlich war und es blieb nichts davon übrig. So klein, dass sie großes beitrug.

- Sophie -  ,,Das, was uns bindet, ist ein Lachen danach, auch wenn wir uns jetzt und zum dortigen Zeitpunkt fremd sind.“ sagte Sophie und suchte Verbindung, die nicht vorhanden war. So war es, als sie den Satz von sich gab und ihre Schultern fallen ließ, nur damit ihr Freund sie wieder zum Krampfen brachte. Sein Temperament schrieb er seinen ganz eigenen Höhen zu, während er seine Freunde schwächte, indem er ihnen nur einen weiteren Berg zum Hinauflaufen gab. Selbst Sophie wusste nicht, ob sie über ihn oder über das Scheitern lachen soll. Sie war doch mittlerweile so weit, über gescheiterte Dinge eben nicht zu lachen, weil sie ganz anders geflogen wären. Durch ihren Freund wurden sie nur noch beiläufiger, weil sie durch ihn ein unzulässiges Maß erreichten und seine Härte zum Nachteil anderer Überhand nahm. In ihr erzeugte das ehrliches Mitleid. Der verkehrte Freund, dessen Aktion sie als schlecht ansah, fand sie in seiner übergroßen Jacke dann doch ansehenswert. Sein Gesicht gab ein wohliges Gefühl zum Ausdruck, was sie sich immer mehr eingestehen musste, weil die auffällige Jacke ihn anscheinend noch wärmte. Sophie war doch noch eine von der Sorte. Sie ließ sich trotz ihrer Mühe, sich eher von mentaler Anstrengung leiten zu lassen als von gedanklicher Lethargie,  wieder von ihrem verkehrten Freund auf den falschen Boden holen. Verkehrt, weil er dafür sorgte, dass die kleinen wichtigen Bäume auf dem unehrlichen und falschen Boden wuchsen. Wegen seiner kleinen Entscheidung verblühten die reichen Stunden ihrer Mitstreiterin, bei der sie ehrliches Mitleid mit ihr hatte, fast so wie ein Armband, das verloren geht wie die Perlen, die im Sekt vergehen. Für Sophie ist das ähnlich wie bei einem ihrer Albträume, den sich viele Frauen immer teilten, da war sie sich sicher: nach all ihren kleinsten Mühen machten sie die Augen auf und blickte einem Traummann in die Augen, der ihr das Gefühl gab, sie als Person hatte es grundlegend falsch gemacht. Ohne ein mitleidserregendes ,,Ach.“ hatte er ab einer bestimmten Stelle schon längst die Leiter genommen und würde sie runterschubsen, sobald sie zutraulich versuchte, in seine Augen zu schauen. Egal was für ein Berg, für ihn war er einfach klein, während er sich mit gespielter Rührseligkeit auch noch für ihre restlichen Mühen bedankte. Das kleine Stück der Illusionen und Träume der Frau wurde behandelt wie eine miese kleine Schachtel, die in ihrem Geschmack ein Betrug werden sollte. Ein mieser Trick, der selbst die Liebenden runterschubste und Lügen verbreitete, die er selbst erschuf. Dann wählte Sophie lieber den verkehrten Freund, der die Bäume in den falschen Boden pflanzte und mit seinem überschwänglichen Temperament Fehler machte, während er dabei nicht mal gedanklich mit denen stand, die ein bestimmtes Ziel aufrecht erhalten wollen. Die Folgen für den Einzelnen wurden genau wie der Albtraum der träumenden Frauen, der sich erfüllte, einfach übersehen. Sophie gesellte sich zu dem übergroßen Mann mit seiner Lederjacke, die schwerer aussah als er selbst und er trotzdem kein Fiesling war. Sie blickten in die selbe kleine Sonne, die sich nach langen Augenblicken in einem sandigen Dunst auflöste und unangenehm wurde. Er öffnete sein Bier und gedachte an die Opfer, die mit den leisen Dilemmas gleich mit in einen Traumschlaf fielen und immer überhört wurden. Sie sind den Händen ohne Zeiger zum Opfer gefallen und wurden auf dem falschen Boden gepflanzt - ein Albtraum ist wahr geworden. An ihrer Mitstreiterin klebten immer noch die Hände, während Sophie ihren Kopf berührt in den sandigen Himmel warf und dachte, dass es noch schlimmer geht.     

 

© 2025 immerblau
Mit Unterstützung von Webador